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Interview mit Victor Vladimirov: HOBAS Engineering GmbH

Geschrieben von mprox | 02/07/2018

Das Sammeln von hochwertigen Daten ist eine der größten Herausforderungen bei der Erstellung genauer Ökobilanzen. In einem Interview mit Victor Vladimirov, Umwelt- und Energiemanager bei der HOBAS Engineering GmbH, sprechen wir darüber, wann es sinnvoll ist, mit Lieferanten beim Austausch von LCA Daten zusammenzuarbeiten und welche Details am meisten Aufmerksamkeit erfordern.

 

Wann sind Sie und Ihre Zulieferer besonders auf die Kooperation entlang des Lebenszyklus angewiesen?

Die Zusammenarbeit über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg ist zentral für eine höhere Genauigkeit der Ökobilanz (LCA).

Interessante Situationen können beispielsweise der Bereich F&E (z. B. neue Rohstoffe) sowie der Vergleich verschiedener Szenarien (bspw. Ende der Lebensdauer) bieten.

Was sind Ihre Erfahrungen hinsichtlich der Bereitschaft zur Zusammenarbeit seitens der Zulieferer?

Die Bereitschaft hängt möglicherweise von der Stärke der bestehenden Beziehung ab. Unternehmen, die bereits intensiver in die Produkt- und Prozessentwicklung involviert waren, sind offener, wenn es darum geht, die Zusammenarbeit auch auf die Ebene der Ökobilanz auszudehnen. Außerdem gibt es auch innovative Unternehmen mit einer direkten Umweltorientierung, die grundsätzlich offen für die Lebenszyklusanalyse sind.

Ein weiterer Schlüsselfaktor für die Zusammenarbeit ist das Teilen proprietärer Daten. Möglicherweise werden Vorbehalte geäußert, dass bei der gemeinsamen Nutzung von LCA-Produktmodellen auch proprietäre Daten übermittelt werden könnten. Selbst wenn Vertraulichkeitsvereinbarungen getroffen wurden, ist immer Vorsicht geboten, wenn es um die gemeinsame Nutzung von Daten geht, die zur Kernkompetenz eines Unternehmens gehören.

Der Vorteil der Verwendung eines gemeinschaftlichen LCA-Tools wie Umberto ist, dass auch bei der gemeinsamen Besprechung von Modellen Daten, die tatsächlich über die Lieferkette hinweg übermittelt werden, sicher als Stoffstrombilanz kommuniziert werden können, ohne dass die Möglichkeit besteht, bestimmte proprietäre Daten des Ausgangsmodells abzurufen.

Manchmal scheitert die Zusammenarbeit, welches sind die größten Hürden und Herausforderungen?

Scheitern kann unter Umständen auch ein Katalysator für weitere Verbesserungen sein. Die Herausforderung besteht darin, die Ursachen zu identifizieren, die das Scheitern verursacht haben sowie in der Lage zu sein, die geeigneten Ressourcen für künftige Zusammenarbeit zu bestimmen. Erfahrung ist definitiv ein Vorteil, während die Identifizierung der Vorteile einer Zusammenarbeit für alle Beteiligten der Schlüsselfaktor ist, wenn es um die Überwindung potenzieller Hürden geht.

Können Sie uns ein Beispiel für eine erfolgreiche Zusammenarbeit bei der Ökobilanzierung nennen?

Auf jeden Fall! Wir haben mit REICHHOLD sehr erfolgreich bei einer Ökobilanz-Studie zusammengearbeitet, in der die Umweltleistung von herkömmlichen/recycelten PET- sowie ungesättigten Polyesterharzen aus biologischer Herkunft verglichen wurde. Die Berechnungen für die Lebenszyklusanalyse wurden mit Umberto durchgeführt. Die Software ist ein gemeinschaftliches Tool zur Ökobilanzierung zwischen beiden Unternehmen. Dies brachte viele Vorteile mit sich, wie etwa einen problemlosen Datenaustausch, die Bewertung von Ergebnissen und die Visualisierung (sowohl auf technischer als auch auf oberster Managementebene). Die Verwendung eines kooperativen LCA-Tools wie Umberto sowie dessen Internalisierung schafft eine solide Grundvoraussetzung für langfristige Nachhaltigkeitsbewertungen.

Gibt es besondere Erkenntnisse, ein überraschendes Ergebnis oder Verbesserungspotenziale, die Sie durch Ihre kooperative Vorgehensweise bei der Zusammenarbeit mit Ihren Zulieferern entlang der Lieferkette festgestellt haben?

Die wichtigste Erkenntnis ist hier, dass man die Ergebnisse der Ökobilanzierung eher als einen dynamischen Prozess, anstatt als ein statisches Ergebnis betrachten muss. So zum Beispiel unterstützen die Sensitivitätsanalyse und die Entwicklung verschiedener Szenarien die Verbindung zu den Abteilungen F&E und Technik; neue Produkte und Rohstoffe können in bereits vorhandenen Modellen getestet und integriert werden. Zusammenarbeitende Unternehmen können durch die Ökobilanzierung unmittelbar die für die Umweltauswirkungen wichtigsten Faktoren bestimmen. So fanden wir bei der Studie mit REICHHOLD heraus, dass recyceltes Harz mit verbesserten Umweltindikatoren für die Herstellung kompletter Rohrsysteme verwendet werden kann. Auf der anderen Seite schränken die mechanischen Eigenschaften von Bio-Harz dessen Verwendbarkeit ein und weisen Ähnlichkeiten zu der Debatte der biologischen Dieselkraftstoffe auf. Dies ist jedoch gleichermaßen ein Ausgangspunkt für weitere Verbesserungen der Harzformulierungen!

Was wäre Ihre wichtigste Empfehlung für Neulinge auf dem Gebiet der Lebenszyklusanalyse?

Meine Empfehlung lautet, sorgfältig zu bestimmen, was man am Ende als Ergebnis aus einer Ökobilanz herausbekommen will: Handelt es sich lediglich um eine einmalige Analyse oder eher um ein intensiveres Engagement, um den Vorgang der Analyse zu verstehen und sogar zu internalisieren? Die Beantwortung dieser Frage sowie die verfügbaren Ressourcen bestimmen dann die nächsten Antworten auf dem Weg zur Lebenszyklusanalyse.

Mehr zu der Zusammenarbeit mit Reichhold finden Sie hier.

Danke Herr Vladimirov!