Digitalisierung und Industrie 4.0 stehen in der produzierenden Industrie hoch im Kurs. Für viele Unternehmen stehen diese beiden Begriffe zentral für die Vision einer nachhaltigeren Zukunft – und laut Jan Hedemann von ifu Hamburg, Member of iPoint Group, sind wir bereits auf einem guten Weg dorthin.
Industrie 4.0 ist das Ziel, die digitale Transformation ist der Weg, um dieses Ziel zu erreichen. Die Digitalisierung ermöglicht es Herstellern, Daten auf neue Art und Weise zu sammeln und zu analysieren, was zu einem besseren Systemverständnis und nachhaltigeren Geschäftsentscheidungen führt. Deshalb sind Digitalisierung und Industrie 4.0 untrennbar miteinander verbunden, erklärte Jan Hedemann beim Ressourceneffizienz-Treff.
Hedemann hielt den Abschlussvortrag des Ressourceneffizienz-Treffs 2018, einer von ifu Hamburg organisierten Veranstaltung, an der über 80 Akteure aus Industrie, Beratung und Forschung teilnahmen, um praktische Ideen und Lösungen für mehr Ressourceneffizienz zu diskutieren.
Als Mitbegründer von ifu Hamburg ist Jan Hedemann ein langjähriger Wegbereiter einer nachhaltigeren Produktion. Seit mehr als 25 Jahren treibt seine Vision die Entwicklung von Nachhaltigkeitssoftware für umweltfreundlichere Produkte und das Streben nach mehr Ressourceneffizienz in vielen Unternehmen im In- und Ausland voran. Er war maßgeblich an der Weiterentwicklung der LCA Software Umberto und Sankey-Diagramm-Software e!Sankey beteiligt und führte Unternehmen an die Vorteile der Materialflusskostenrechnung (MFCA) für eine verbesserte Materialeffizienz heran. Mit dem Einsatz der hauseigenen Softwarelösungen unterstützt das ifu Berater-Team Unternehmen auf dem Weg zur Ressourceneffizienz.
Ende 2017 wurde ifu Hamburg Mitglied der iPoint Gruppe. Mit dem Zusammenschluss erweitert ifu Hamburg das iPoint Leistungsportfolio um seine Kernkompetenz – die Nachhaltigkeitsberatung bei der Verbesserung ihrer Ressourceneffizienz.
Das Konzept von Industrie 4.0 ist Teil einer digitalen Kreislaufwirtschaft, die eine Null-Abfall-Strategie, die Minimierung des Ressourcenverbrauchs und letztlich einen völlig neuen Ansatz für Produktdesign und Lieferketten erfordert. Die Umsetzung ist maßgeblich von der Fähigkeit eines Unternehmens abhängig, jederzeit auf Live-Daten zugreifen zu können. Die Digitalisierung ist dabei entscheidend für die Verwaltung der Vielzahl von Datenströmen, die zur Erreichung dieser Vision erforderlich sind.
“Effiziente Produktion ist eine zentrale strategische Aufgabe für jedes Unternehmen”, glaubt Jan Hedemann. Bisher war der Status Quo zur Verbesserung der Ressourceneffizienz eher projektbezogen – Unternehmen analysieren den Energie- und Materialverbrauch in einem bestimmten Produktionssegment und führen dann einmalige Effizienzsteigerungen durch. Häufig wird die Suche nach Verbesserungspotenzialen durch Vorschriften und Richtlinien wie ISO-Normen oder CO2-Reduktionsziele angestoßen oder durch strategische Unternehmensziele ausgelöst, wie zum Beispiel die Verbesserung der Produktqualität, die Einsparung von Energie und natürlich die Einsparung von Kosten.
Hedemann empfiehlt, über diese projektorientierte Sichtweise hinauszugehen und Ressourceneffizienz als integratives Ziel des kontinuierlichen Verbesserungsprozess zu betrachten. “Mit einem immer größer werdenden Datenpool können wir diese Informationen für eine effizientere und umweltfreundlichere Produktion über den gesamten Lebenszyklus eines Produkts nutzen”, sagte Hedemann.
Hier setzt die Vision von “Live LCA” an . Ziel ist es, quantifizierbare Nachhaltigkeitsinformationen und Kostentransparenz in jedem Produktionsschritt für jedes Produkt bereitzustellen, was zu einer verbesserten wirtschaftlichen und ökologischen Leistung führt.
Live LCA wird eine ganz neue Perspektive auf eine nachhaltige Produktion eröffnen, die darauf abzielt, Effizienzpotenziale systematisch zu identifizieren und zu realisieren. Die neue Lösung kombiniert die bestehenden Methoden der Ökobilanzierung und der Materialflusskostenrechnung mit Live-Daten aus der Überwachung aller Produktionsaspekte, von der Energienutzung über den Ressourcenverbrauch bis hin zur Abfallerzeugung. Mit Live LCA kann ein Unternehmen nicht nur die Energiekosten und die Ressourceneffizienz seiner Produkte und Prozesse, sondern auch die Umweltauswirkungen analysieren. Diese neue Perspektive kann Schritt für Schritt in den gesamten Produktionsprozess integriert werden und führt Informationen aus der Lieferkette mit Echtzeit-Produktionsdaten zusammen, um den gesamten Lebenszyklus eines Produkts abzudecken.
“Unsere Vision ist es, Modelle grundsätzlich mit einem kontinuierlichen Datenfluss zu verbinden”, erklärte Hedemann. Statt einer einmaligen Analyse nur eines Produktionsaspekts kann ein Unternehmen die Software täglich nutzen und die Daten ständig aktualisieren: “Letztendlich können wir so das Systemverständnis und das Know-how über die eigenen Prozesse unternehmensintern besser zugänglich machen und damit auch den zukünftigen Beratungsbedarf reduzieren”. Die Live LCA-Vision beinhaltet auch die Integration von transparenten, vertrauenswürdigen Informationen aus der Lieferkette in die Gesamtbetrachtung.
Eines der vielversprechendsten Instrumente, um die Transparenz der Lieferkette in die Tat umzusetzen, ist die Blockchain-Technologie. Blockchain ermöglicht es der Industrie, Lieferketten zu digitalisieren und zu optimieren, um die Effizienz zu verbessern, Kosten zu senken und Ressourcenmanagement sowie Product Compliance zu erleichtern. Schließlich versuchen Lieferanten und Produzenten stets, Zuverlässigkeit und Vertrauen innerhalb der Lieferkette zu schaffen, und die Blockchain-Technologie kann genau das ermöglichen. Die Technologie kann detaillierte Informationen – zum Beispiel über die Herkunft eines Rohstoffs – direkt in die Lieferkette einbetten, die dann bis zum Endprodukt rückverfolgbar und unveränderlich wird.
Doch wohin führt all das? Letztendlich müssen wir unseren Energieverbrauch reduzieren, um die für die erste Hälfte dieses Jahrhunderts prognostizierten kritischen 1,5 °C der globalen Erwärmung zu unterschreiten. Dies ist eine große Herausforderung, die ein radikales Umdenken in allen Industriezweigen erfordert. “Es wird sehr schwierig sein, ohne politische Unterstützung unter der 1,5 °C-Marke zu bleiben”, sagte Hedemann und spekulierte über die Notwendigkeit eines besseren regulatorischen Rahmens zur Unterstützung dieses Prozesses.
Auf der Geschäftsebene geht es darum, Ressourceneffizienz in das operative und strategische Management der Unternehmen zu integrieren. Dabei geht es darum, bereits vorhandene Informationen zu verbinden – eine riesige Menge an Daten über Materialien, Energie, Kosten und Umweltauswirkungen, die oft über viele Abteilungen verteilt sind. Die Digitalisierung ist das Werkzeug, mit dem all diese einzelnen Modelle und Datenströme zusammenkommen und ein aussagekräftiges Gesamtbild schaffen können. Schlussendlich müssen Digitalisierung und Live-LCA Teil des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses (KVP) werden, indem sie tief in die Ressourceneffizienzstrategie eines Unternehmens verankert werden.
Wie Jan Hedemann es gerne ausdrückt: Es gibt noch viel zu tun.