Die Materialflusskostenrechnung, kurz MFCA, ist bekannt als ein Ansatz, der von produzierenden Unternehmen zur Verbesserung der Materialeffizienz eingesetzt wird. Das Instrument macht Flüsse und Bestände von Materialien in Prozessen und Produktionslinien, sowohl in physischen als auch in monetären Einheiten messbar.
Julian Nuss von der Junker-Filter GmbH erläuterte auf dem Ressourceneffizienz-Treff in Hamburg vor ca. 80 weiteren Experten aus Unternehmen, Politik und Forschung, dass die Materialflusskostenrechnung nicht nur die Energiekosten senkt und Materialverluste vermeidet, sondern auch ein wichtiges Instrument für strategische Geschäftsentscheidungen sein kann.
Junker-Filter ist ein inhabergeführtes KMU der zweiten Generation mit Sitz in Sinsheim, Baden-Württemberg. Das Unternehmen fertigt kundenspezifische Industriefilter für die Fest-Flüssig-Trennung und Entstaubung, die beispielsweise in der Zement-, Lebensmittel- und Automobilindustrie eingesetzt werden. Für einen eher kleineren Mittelständler legt Junker seit jeher großen Wert auf innovative Forschung und Entwicklung.
Julian Nuss ist als Leiter Einkauf und Beschaffung für die nachhaltige Materialbeschaffung zuständig und überwacht die Prozessoptimierung zur Abfallreduzierung und Ressourcenschonung. Er führte Carbon Footprints als wichtigen Parameter für die Materialbeschaffung ein und koordiniert den Kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP) im Unternehmen – eine Aufgabe, die ihn auch für die Umsetzung der MFCA-Strategie des Unternehmens verantwortlich macht.
MFCA ist ein nützliches Werkzeug zur Analyse der mit Materialverbrauch und Abfall verbundenen Kosten, insbesondere für ein produzierendes Unternehmen mit einer hohen Materialkostenquote (56%). Junker-Filter wurde erstmals über einen Business Incentive für Unternehmen aus dem Land Baden-Württemberg in das System eingeführt. Nach einigen ersten Herausforderungen hat das Unternehmen das Projekt mit Hilfe einer Studienarbeit vorangetrieben, woraufhin Junker-Filter schließlich ein eigenes MFCA-Team aufbaute. Schon bald flossen erste Ergebnisse ein, die Details zu materiellen und finanziellen Verlusten innerhalb des Produktionssystems aufzeigten und Einsparpotenziale identifizierten. Es dauerte nicht lange, bis dieses neue Tool die Aufmerksamkeit der Entscheidungsträger des Unternehmens auf sich zog.
Julian Nuss glaubt, dass die Materialflusskostenrechnung drei starke Säulen bietet, die für nahezu jedes Unternehmen anwendbar sind:
Die Berücksichtigung des gesamten CO2-Fußabdrucks ist zu einem wichtigen Bestandteil der Unternehmensphilosophie von Junker geworden. Durch das Verfolgen und die Analyse der Klimawirkung der Produkte ist das Unternehmen in der Lage, Produkte energieeffizient umzugestalten und damit einen Wettbewerbsvorteil zu erzielen. Laut Nuss wächst die Zahl der Kunden, die sich Informationen zur CO2-Bilanz ihrer Produkte wünschen, stetig.
Neben den drei oben genannten Säulen sieht Nuss auch weitere Vorteile durch den Einsatz von MFCA: Das Tool kann zur Produktivitätssteigerung, zur Verbesserung der Kommunikation (intern und extern) und zu mehr Prozesstransparenz durch die Erhebung detaillierter Daten beitragen. MFCA kann auch als Quantifizierungsinstrument nützlich sein, wenn es darum geht, die Ideen der Mitarbeiter für Prozessverbesserungen zu belohnen.
Nuss nutzte ein praktisches Beispiel aus Junkers Filterherstellungsprozess, um seinen Standpunkt zu untermauern. Nach einer schrittweisen Analyse des gesamten Prozesses mit MFCA entdeckte das Unternehmen Einsparpotenziale und setzte direkt Veränderungen um. Durch die Auslagerung des arbeitsintensiven Schrittes der Entfettung der Filterendscheiben und des Bohrens einzelner Löcher sparte das Unternehmen insgesamt 8.000 € pro Jahr an Material und Zeit (Arbeitskosten) – ganz zu schweigen von der Steigerung der gesamten Produktionskapazität und der Motivation der Mitarbeiter.
Die Grafik unten zeigt, wie Junker-Filter durch die Einführung der Materialflusskostenrechnung Einsparungen von 15% bei den Material- und 5% bei den Lohnkosten bei gleichzeitiger Produktivitätssteigerung von 15% erzielte. “Das sind zwar bescheidene Einsparungen, aber Junker-Filter ist auch ein kleines Unternehmen”, betonte Nuss. “Man kann sich also gut vorstellen, wie viel man in größerem Umfang sparen könnte.”
Mit diesem ganzheitlichen Ansatz zur Identifizierung von Verlusttreibern, insbesondere in der materialintensiven Fertigung, zeigt MFCA sein außergewöhnliches strategisches Potenzial. Die Ergebnisse der Materialflusskostenrechnung erwiesen sich sowohl als wichtiger Faktor bei Investitionsentscheidungen als auch als Instrument zur Produktivitätssteigerung.
Da der CO2-Fußabdruck eines Produkts für das Marketing immer relevanter wird, ist es wichtig, ein effizientes Werkzeug zur Datenerfassung zur Hand zu haben. Größere Unternehmen treffen ihre Kaufentscheidungen oft auf Grundlage der CO2-Bilanz entlang ihres gesamten Produktionsprozesses. Demenentsprechend ist es für Lieferanten von Vorteil, wenn sie diese Art von detaillierten Informationen bereitstellen. In einer Zeit, in der immer mehr Kunden nach nachhaltigen Produkten verlangen, gewinnen Unternehmen durch die Kommunikation der CO2-Bilanz ihrer Produkte also einen Wettbewerbsvorteil.
Mit ihrem Fokus auf feine Details ermöglicht die Materialflusskostenrechnung Unternehmen, ihre interne Logistik zu hinterfragen und zu verbessern. “Ich sehe MFCA als Provokation zur Analyse des gesamten Fertigungsprozesses”, erklärte Nuss. Und das, so ist er sich sicher, wird immer mehr Einspar- und Effizienzpotenziale offenbaren.
Junker-Filter nutzt bw!MFCA, ein Software-Tool des Landes Baden-Württemberg, welches Baden-Württembergischen Unternehmen kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Unternehmen außerhalb des Bundeslandes können Umberto Efficiency+, ein erfolgreiches und international weit verbreitetes Tool, für ihre Materialflusskostenrechnung erwerben.
Präsentationen und Videos sind verfügbar unter https://www.ifu.com/events/ressourceneffizienz-treff/.