Der Digitale Produktpass: EU-Verordnung, Pflichten & Anforderungen an die Industrie

Der Digitale Produktpass: EU-Verordnung, Pflichten & Anforderungen an die Industrie

Der Digitale Produktpass (DPP) ist eine der ehrgeizigsten Initiativen der Europäischen Union, um Transparenz, Rückverfolgbarkeit und nachhaltiges Produktdesign zu fördern. Er wird bald in zahlreichen Branchen verpflichtend sein und erfordert von Unternehmen, die Verwaltung von Produktdaten über den gesamten Lebenszyklus hinweg neu zu denken.

Beginnend mit Batterien im Rahmen der EU-Batterieverordnung und dem Konzept des Batteriepasses wird das DPP-Rahmenwerk auf Textilien, Elektronik, Bauprodukte und mehr ausgeweitet. Für Hersteller, Zulieferer und Händler ist dieser Wandel sowohl eine Compliance-Herausforderung als auch eine Chance, neue Geschäftsmodelle der Kreislaufwirtschaft zu erschließen.

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Was ist ein Digitaler Produktpass?

Ein Digitaler Produktpass (Digital Product Passport) ist ein digitaler Datensatz, der geprüfte Informationen über ein Produkt über dessen gesamten Lebenszyklus hinweg zusammenführt. Anstatt in verschiedenen Systemen verstreut zu sein, werden diese Daten durch eine eindeutige Kennung – etwa einen QR-Code, NFC-Chip oder RFID-Tag – mit dem Produkt verknüpft. Diese kann von Akteuren an jedem Punkt der Lieferkette abgerufen werden.

Das Ziel: Produkttransparenz als neuer Standard auf dem europäischen Markt.

Typische Informationen, die in einem DPP gespeichert sind:

  • Basisdaten zum Produkt – Name, Modell, Charge, Garantie, Herstellungsdatum.
  • Material- und Lieferkettendaten – Herkunft von Rohstoffen, Recyclinganteile, beteiligte Zulieferer.
  • Reparatur- und Wartungshistorie – Nachweise zu Reparierbarkeit, Upgrades oder Teileaustausch.
  • Nachhaltigkeitskennzahlen – CO₂-Fußabdruck, Recyclingfähigkeit, Umweltauswirkungen.
  • Compliance-Informationen – Zertifizierungen, gefährliche Stoffe, Konformität mit EU-Verordnungen.

Dieser datengestützte Ansatz ermöglicht es Unternehmen, Behörden und Verbrauchern, Nachhaltigkeitsansprüche zu prüfen, die Lebensdauer von Produkten zu verlängern und Geschäftsmodelle der Kreislaufwirtschaft zu fördern.

Rechtlicher Rahmen: Von der ESPR zur Kreislaufwirtschaft

Die Grundlage des Digitalen Produktpasses ist die Ökodesign-Verordnung für nachhaltige Produkte (ESPR). Sie wurde 2024 verabschiedet und ist ein zentraler Bestandteil des Aktionsplans Kreislaufwirtschaft (CEAP) der EU. Ziel ist es, dass Produkte auf dem europäischen Markt langlebiger, ressourcenschonender und besser recycelbar werden.

Der DPP ist das Kerninstrument, um die Compliance mit der ESPR sicherzustellen. Durch die Pflicht zu maschinenlesbaren, standardisierten Daten wird ein Rahmen für vollständige Rückverfolgbarkeit entlang der Wertschöpfungsketten geschaffen.

Während der Batteriepass die erste konkrete Anwendung unter der neuen EU-Batterieverordnung darstellt, werden delegierte Rechtsakte die DPP-Anforderungen schrittweise auf weitere Branchen ausweiten. Für Unternehmen bedeutet dies, sich jetzt vorzubereiten – nicht nur auf branchenspezifische Vorgaben, sondern auf die Zukunft digitaler Transparenz im EU-Markt.

Für welche Produkte und Branchen gilt der DPP?

Auch wenn Batterien die erste Produktkategorie mit verpflichtendem digitalen Produktpass sind, definiert die ESPR einen weitaus breiteren Anwendungsbereich.

Die erste Welle betroffener Branchen und Produkte umfasst:

  • Eisen und Stahl
  • Aluminium
  • Textilien (insbesondere Bekleidung und Schuhe)
  • Möbel
  • Reifen
  • Wasch- und Reinigungsmittel
  • Lacke und Farben
  • Schmierstoffe
  • Chemikalien
  • Energiebezogene Produkte mit Ökodesign-Anforderungen
  • Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) und weitere Elektronik

Für Hersteller, Importeure, Händler und Vertreiber ist die Lage eindeutig: Wer Produkte in der Europäischen Union verkauft, muss künftig einen konformen DPP bereitstellen. Die Verordnung gilt auch für Unternehmen außerhalb der EU, die ihre Produkte auf dem europäischen Markt anbieten.



Digitale Produktpässe: Wegbereiter für eine nachhaltige Wirtschaft

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Erfahren Sie, wie digitale Produktpässe Transparenz, Compliance und Kreislaufwirtschaft fördern. Und warum iPoint-Experten sie als Schlüsselinstrument für nachhaltige Wertschöpfungsketten sehen – von Batterien über Automotive bis hin zur Elektronik.

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Welche Daten enthält der Digitale Produktpass?

Die Europäische Kommission finalisiert derzeit die genauen Anforderungen. Basierend auf ESPR und ersten delegierten Rechtsakten sollten Unternehmen aber mindestens mit folgenden Kategorien rechnen:

  • Eindeutige Produktkennung mit digitalem Datensatz.
  • Produktdetails inkl. technischer Spezifikationen.
  • Lieferkettendaten zu Materialherkunft, Recyclinganteilen und Zulieferern.
  • Reparatur-, Wiederverwendungs- und Recyclinginformationen zur Verlängerung der Produktlebensdauer.
  • Umweltkennzahlen wie CO₂-Fußabdruck, gefährliche Stoffe, Energieeffizienz.
  • Compliance-Daten zur Bestätigung der Konformität mit EU-Normen.

Das System setzt auf standardisierte, maschinenlesbare Formate, um Interoperabilität zwischen Branchen zu gewährleisten. Gleichzeitig sorgt geregelter Zugriff dafür, dass unterschiedliche Stakeholder – von Verbrauchern bis Regulierungsbehörden – die jeweils relevanten Informationen einsehen können, ohne Geschäftsgeheimnisse offenzulegen.

Chancen und Herausforderungen bei der Umsetzung

 

Chancen Herausforderungen

 

  • Wettbewerbsvorteile – Produkte mit transparenten Daten schaffen Vertrauen und können Mehrwert generieren.

  • Neue Geschäftsmodelle – Reparatur, Wiederverwendung und Recycling werden durch Datenzugang erleichtert.

  • Einblicke in die Lieferkette – Unternehmen gewinnen bessere Transparenz zu ökologischen und sozialen Auswirkungen.

  • Regulatorische Sicherheit – Frühe DPP-Umsetzung positioniert Unternehmen als Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit.

 

  • Komplexe Lieferketten – Datenerhebung über mehrere Ebenen hinweg erfordert neue Prozesse.

  • Interoperabilität – Einheitliche Standards und Datenformate sind noch nicht überall etabliert.


  • Datensicherheit – Balance zwischen Transparenz und Schutz sensibler Informationen.


  • Kosten der Implementierung – Besonders KMU stehen vor Ressourcenherausforderungen.

Trotz dieser Hürden sehen viele Unternehmen die Einführung des Digitalen Produktpasses als strategische Investition und nicht als zusätzliche Last.


 

Wie können sich Unternehmen vorbereiten?

 

  1. Produktdaten zentralisieren
    Zerstreute Produktinformationen in einem einzigen System bündeln – z. B. durch PIM- oder Compliance-Plattformen.

  2. Lieferanten einbeziehen
    Frühzeitig mit Zulieferern über Anforderungen an Materialien, Arbeitsbedingungen und Umweltauswirkungen abstimmen.

  3. Daten-Audits durchführen
    Lücken in bestehenden Datensätzen identifizieren, z. B. fehlende Reparierbarkeitsinfos oder CO₂-Bilanzen.

  4. Technologie nutzen
    QR-Codes, RFID, NFC oder Blockchain-Lösungen für Rückverfolgbarkeit und Datensicherheit einsetzen.

  5. Pilotprojekte starten
    Mit einer Produktgruppe beginnen – oft Batterien – und dann schrittweise ausbauen.

  6. Rechtslage beobachten
    Laufende Anpassungen durch die ESPR und delegierte Rechtsakte im Blick behalten.


Zeitplan: Ab wann wird der Digitale Produktpass Pflicht?


Die Einführung erfolgt schrittweise in verschiedenen Branchen:

  • 2026 – Industrie- und Fahrzeugbatterien benötigen einen DPP (gemäß EU-Batterieverordnung).
  • 2027 – Textilien, Elektronik und Bauprodukte folgen mit detaillierten Vorgaben.
  • 2030 und später – Weitere Produktgruppen, Ziel ist ein EU-weiter Standard.

Unternehmen können nicht warten – rechtzeitige Vorbereitung ist entscheidend, um Engpässe bei der Umsetzung zu vermeiden und den DPP als strategisches Werkzeug zu nutzen.

 

Fazit: Von Compliance zur Chance

Die Initiative zum Digitalen Produktpass in der EU ist weit mehr als nur eine zusätzliche Regulierung. Sie schafft mit transparenten, zuverlässigen Produktdaten die Grundlage für eine nachhaltigere, zirkuläre und wettbewerbsfähige Wirtschaft.

Mit der IPOINT Digital Product Passport Software können Unternehmen Nachhaltigkeits-, Compliance- und ESG-Daten in einem zentralen System verwalten, Berichte automatisieren und Transparenz über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg sicherstellen. Dies gewährleistet nicht nur die Einhaltung der EU-Batterieverordnung und der kommenden ESPR-Anforderungen, sondern befähigt Unternehmen auch, die digitale Kreislaufwirtschaft aktiv mitzugestalten.

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Häufig gestellte Fragen

Was ist ein Digitaler Produktpass (Digital Product Passport, DPP)?

Ein Digitaler Produktpass (DPP) ist ein digitaler Datensatz, der standardisierte und verlässliche Informationen über Zusammensetzung, Herkunft, Lebenszyklus und Umweltauswirkungen eines Produkts enthält. Er ist Teil der EU-Ökodesign-Verordnung für nachhaltige Produkte (ESPR) und soll Transparenz, Compliance und Praktiken der Kreislaufwirtschaft fördern.

 

Welche Produkte & Branchen sind von der EU-Initiative zum Digitalen Produktpass betroffen?

Zu den ersten Branchen, die DPPs verpflichtend einführen müssen, gehören Batterien, Textilien, Elektronik, Eisen und Stahl, Aluminium, Möbel, Wasch- und Reinigungsmittel, Lacke und Farben, Schmierstoffe und Chemikalien. Langfristig wird sich der Digitale Produktpass auf nahezu alle regulierten Produktgruppen im europäischen Markt ausweiten.

Ab wann wird der Digitale Produktpass Pflicht für Unternehmen?

Die Einführung beginnt 2026 mit Industrie- und Fahrzeugbatterien. Ab 2027 folgen Textilien und Elektronik. Bis 2030 wird erwartet, dass weitere Branchen hinzukommen und der Digitale Produktpass zu einer Standardanforderung und Pflicht für die meisten Produkte im EU-Binnenmarkt wird.

Welche Informationen werden im Digitalen Produktpass gespeichert?

Ein DPP enthält in der Regel Produktkennungen, Material- und Lieferkettendaten, Nachhaltigkeitskennzahlen wie CO₂-Fußabdruck und Recyclingfähigkeit, Informationen zu Reparatur und Wiederverwendung sowie Compliance-Daten zu EU-Vorschriften. Alle Daten müssen maschinenlesbar, standardisiert und für die relevanten Akteure zugänglich sein.

Warum sind Digitale Produktpässe wichtig für Unternehmen?

Digitale Produktpässe gehen über reine Regulierung hinaus. Sie schaffen Vertrauen bei den Kunden, verbessern die Transparenz in Lieferketten und ermöglichen Geschäftsmodelle der Kreislaufwirtschaft wie Reparatur, Wiederverwendung und Recycling. Eine frühzeitige Einführung hilft Unternehmen zudem, sich auf kommende EU-Vorschriften vorzubereiten und ihre Nachhaltigkeitsstrategie zu stärken.

Wie können sich Unternehmen auf die DPP-Compliance vorbereiten?

Unternehmen sollten damit beginnen, Produktdaten zu zentralisieren, mit Lieferanten zusammenzuarbeiten, Daten-Audits durchzuführen und in digitale Technologien wie QR-Codes, RFID oder Blockchain zu investieren. Lösungen wie die IPOINT Digital Product Passport Software helfen, die Datenerfassung zu automatisieren, die Einhaltung der EU-Batterieverordnung sicherzustellen und das ESG-Reporting zu vereinfachen.

 

Jan Horst Schnakenberg

Jan Horst Schnakenberg

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